Max Berger-Vitrine im Auditorium mit Berger-Widmungsinschrift
© Jüdisches Museum Wien
Max Berger Sammlung
Felicitas Heimann-Jelinek zum Konzept:
Die Qualität von Jüdischem Zeremonialgut liegt nicht allein in seiner religiösen und rituellen, sondern auch in seiner kulturell grenzübergreifenden und überschreitenden Dimension. Judaica spiegeln immer die Ästhetik der Umwelt und der Zeit wieder, in der sie geschaffen wurden, aber auch die spezifisch traditionsgebunden Ästhetik, die der Jüdische Kult mit sich bringt. Insofern machen jüdische Kultobjekte die Schnittstellen zwischen nicht-jüdischer Kultur und jüdischer Tradition sichtbar. Der/die BesucherIn kann diese Grenzüberschreitungen und Schnittstellen in der Berger-Vitrine im Erdgeschoss des Jüdischen Museum leicht nachvollziehen; da die Präsentation der Objekte hier locker und übersichtlich gestaltet und die Gegenstände nicht von Schrifttafeln eingezwängt sind, kann sich jedes Ding räumlich gegenüber seinem Nachbarn behaupten. Die Sammlung Max Berger besteht aus Objekten, die aus dem österreichisch-ungarischen Raum stammen, vielfach jedoch nicht eindeutig einer identifizierbaren Gemeinde, bekannten Personen oder konkret nachvollziehbaren Ereignissen zuzuordnen sind. Dieser Bestand eignet sich daher auch ideal als Darstellungsform jüdischen Kultes und jüdischer Religion. Die Idee, diese Objekte nicht als Relikte eines vergangenen jüdisch-religiösen Kultes, sondern als Bestandteile auch heutigen jüdischen Lebens und jüdischer Identität zu präsentieren, deckt sich mit der Intention, die der Sammler beim Aufbau dieses Bestandes hatte. Die Judaica der Berger-Sammlung werden zentral, aber nicht vordergründig präsentiert. Ihr Wert liegt nicht nur in ihrer kunsthandwerklichen oder materiellen Qualität, sondern in ihrer immateriellen. Um dies hervorzuheben, wurden die Vitrinen, in denen die Objekte ausgestellt sind, von außen beschriftet. Diese Beschriftung, die aus Primärzitaten besteht, nämlich aus biblischen und talmudischen, hat zwei Funktionen: Erstens von den einzelnen Objekten ein wenig abzulenken und damit die Frage nach ihrem konkreten Wert in den Hintergrund zu rücken, das heißt sie in ihrer materiellen Ausformung etwas zu relativieren; zweitens das in den Vordergrund zu stellen, was in den Vordergrund gehört, nämlich die Idee, die überhaupt zu dem Objekt geführt hat, die geistige Grundlage, die das konkrete Objekt erst erforderlich macht. Der/die BesucherIn soll hier also nicht die Frage nach dem einzelnen Objekt stellen, sondern nach dem Wesen des sich entziehenden Objekts, das letztendlich nur die – mehr oder weniger zufällige – Materialisation eines Grundgedankens ist.